Sozialberatung der Nienburger AWO informiert zu BAföG - Leistungen und ergänzendem Sozialgeld nach SGB II

 Sozialberatung der Nienburger AWO informiert

 zu BAföG - Leistungen und ergänzendem Sozialgeld nach SGB II

 

Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die zahlreichen Fälle, in denen neben dem Bezug von BAföG auch Leistungen des Sozialgesetzbuches II ( SGB II ) bezogen werden.
Das trifft auf alle BAföG – Leistungen beziehende Schüler/innen zu.
Studierende können dagegen BAföG und „normale“ SGB II – Leistungen nur erhalten, wenn sie im elterlichen Haushalt leben. Ansonsten haben sie bei bestehender Bedürftigkeit nur einen Anspruch auf bestimmte Mehrbedarfe ( vgl. § 27 Abs. 2 SGB II ), die nicht als Arbeitslosengeld II gelten ( und daher auch keine Pflichtversicherung gegen Krankheit über das Jobcenter ermöglichen ).
Für viele BAfög – Beziehende war es zu einen Systemwechsel bereits im Jahre 2016 durch das sogen. Rechtsvereinfachungsgesetz  bei der Anrechnung dieser Leistungen als Einkommen im SGB II gekommen.
Das Bundessozialgericht ( BSG ) hatte damals entschieden, dass für die bis dahin geltende Rechtslage die Höhe der tasächlichen ausbildungsbedingten Kosten für die Höhe der SGB II – Leistung unerheblich sei.
Aufgrund des im Jahre 2016 geänderten § 11 a Abs. 3 Nr. 3SGB II wird das BAföG zunächst komplett als Einkommen angerechnet – ungeachtet des Zwecks der Ausbildungsförderung.
In einem 2. Schritt werden nun die Aufwendungen für die Ausbildung als Absetzungsbetrag berücksichtigt. Die Höhe des Absetzungsbetrages hat der Gesetzgeber nicht bestimmt, sondern nur eine Mindestgrenze festgelegt: „mindestens 100 Euro abzusetzen“.
In diesem Betrag sind neben den ausbildungsbedingten Kosten auch Beiträge der staatlich geförderten Altersvorsorge, Beträge für angemessene Versicherungen ( falls Volljährigkeit vorliegt, pauschaliert 30 Euro )  enthalten.
Unter Absehung von den Aufwendungen für eine Altersvorsorge ist es so, dass bei Volljährigen der Mindestabsetzungsbetrag schon bei tatsächlichen Aufwendungen von mehr als 70 Euro überschritten wird.
Um SGB II – Leistungen rechtmäßig bewilligen zu können, muss das zuständige Jobcenter nach § 20 SGB X den Sachverhalt „Leistungsvoraussetzungen“ von Amts wegen ermitteln. Dies ist der sogen. Untersuchungsgrundsatz der auch als Amtsermittlungsgrundsatz bezeichnet wird.
Das ist die Pflicht der Behörde! In § 20 Abs. 3 SGB X heißt es auch: „Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für den Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.“
Das kann sie aber nur, wenn sie diese auch ermittelt. Wie auch bei anderen Behörden erfolgt auch bei den Jobcentern die Ermittlung weitgehend über standardisierte Formulare.
Im Formular „EK“ werden Absetzungen vom Einkommen abgefragt. Hier ist zwar auszufüllen, ob und in welcher Höhe BAföG bezogen wird, aber nach ausbildungsbedingten Absetzungen wird nicht gefragt. Auch im „Merkblatt SGB II werden die Absetzungen für ausbildungsbedingte Bedarfe verschwiegen. Im Klartext heißt das: Leistungberechtigte erfahren nie davon, dass sie ggfs. höhere Aufwendungen vom BAföG – Einkommen absetzen können. Nachstehend erfolgt eine Information über ausbildungsbedingte Aufwendungen :
zum Beispiel :  das Semesterticket oder der Semesterbeitrag, Fahrtkosten, Anschaffungen wie Bücher, Laptop oder Kosten von Studienfahrten.
Die anfallenden Kosten sind jeweils in dem Monat, in dem sie entstehen, voll abzusetzen.
Steuerrechtliche Abschreibungsfristen spielen keine Rolle.
Die Absetzungen müssen nicht beantragt werden. Daher ist auch eine Nachzahlung von zuvor nicht berücksichtigten Absetzungen möglich. Diese können über einen „Überprüfungsantrag“ für Zeiträume geltend gemacht werden, die innerhalb des aktuellen oder vorhergehenden Kalenderjahres liegen. Die Absetzungen sind nachzuweisen.
Eine Nachzahlung für weiter zurückliegende Zeiträume mittels eines Überprüfungsantrages ist gem. § 44 SGB X im Rechtskreis des SGB II nicht möglich.
Auch der sogen. Sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist nicht anwendbar und dessen Wirkung wäre ohnehin nach überwiegender Rechtsauffassung auf den gleichen Zeitraum begrenzt.
Im Einzelfall kann hier ein Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz „subjektiver“ Natur gegeben sein, der einen Schadensfall aufgrund von Amtspflichtverletzung bedeutet.
Hiergegen ist ein kompliziertes Rechtsverfahren vor dem zuständigen Landgericht mit ungewissem Ausgang möglich.
Vielleicht hilft ja hier der Hinweis in einem Überprüfungsantrag, dass das betroffene Jobcenter gegen seine Pflichten verstoßen hat.
Sollte im Einzelfall weiterer Beratungsbedarf bestehen, steht für unentgeltlichen Rat und Hilfe die Sozialberatung der AWO mit Jutta Laube und Heinz Lüneberg jeweils montags von 9 bis 11 Uhr im AWO – Haus „Altes Zollamt“ in der von Philipsborn-Str. 2 a in Nähe des Nienburger Bahnhofs zur Verfügung.

 

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Veröffentlichung

Fr, 22. November 2019

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